Für die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von Bauwerken zu Wohnzwecken über die im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO – das typische Genehmigungsverfahren – entschieden wird, gilt ab dem 01.05.2020 eine Genehmigungsfiktion, Art. 68 Abs. 2 BayBO (Bayerische Bauordnung). Reicht der Bauherr einen vollständigen Bauantrag ein, hat die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich drei Monate Zeit, über den Antrag zu entscheiden. Danach gilt das Vorhaben als genehmigt. nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. Die Frist beginnt drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags oder drei Wochen nach Zugang der verlangten Unterlagen, wenn die Bauaufsichtsbehörde vor Fristbeginn eine Aufforderung nach Art. 65 Abs. 2 BayBO (zur Behebung formeller Mängel) versandt hat.
Die Fiktionsfrist beginnt gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 1 BayBO entweder drei Wochen nach Zugang des Bauantrags bei der unteren Bauaufsichtsbehörde oder drei Wochen nach Zugang der von der unteren Bauaufsichtsbehörde nach Art. 65 Abs. 2 BayBO nachverlangten Unterlagen. Die untere Bauaufsichtsbehörde hat also innerhalb von drei Wochen die Vollständigkeit des Bauantrags zu prüfen. Verlangt die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb dieser Dreiwochenfrist die Vervollständigung des Bauantrags nach Art. 65 Abs. 2 BayBO, beginnt die Frist für die Genehmigungsfiktion drei Wochen nach Zugang des Bauantrags bei der unteren Bauaufsichtsbehörde zu laufen. Verlangt die Bauaufsichtsbehörde eine Vervollständigung gemäß Art. 65 Abs. 2 BayBO, beginnt die Fiktionsfrist drei Wochen nach Vorlage der verlangten Unterlagen zu laufen.
Über den Eintritt der Genehmigungsfiktion wird eine Bescheinigung ausgestellt, die den Inhalt der Genehmigung wiedergibt und in ihrer Wirkung der Baugenehmigung gleichsteht. Die Genehmigungsfiktion tritt aber nach Art. 42a BayVwVfG auch dann ein, wenn von der Behörde keine Bescheinigung ausgestellt wird.
Grundsätzlich tritt die Genehmigungsfiktion auch ein, wenn der Bauantrag formal vollständig, aber das Bauvorhaben rechtswidrig ist. In diesen Fällen hat die Bauaufsichtsbehörde das Recht und die Möglichkeit die im Wege der Fiktion erteilte rechtswidrige Baugenehmigung nach Art. 48 BayVwVfG zurückzunehmen.
Die Fiktion tritt nicht ein, wenn der Antragsteller vor Ablauf der Entscheidungsfrist gegenüber der Baugenehmigungsbehörde in Textform auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion verzichtet.
Fazit:
Gerade in Zeiten der Pandemie und der Unterbesetzung der
Bauämter dürfte der Eintritt der Fiktion den Regelfall darstellen. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass rechtswidrige fiktive Genehmigungen erteilt werden könnten, die von den Bauämtern später wieder zurückgenommen werden können. Aus diesem Grund hat sich auch die Bayerische Archtektenkammer gegen diese Novellierung positioniert.